Verkehrssicherungspflicht in Baden-Württemberg

von Friederike Gaß und Simone Nierholz

 

23.05.2023. Für viele Kommunen und Privateigentümer ist das Wort „Verkehrssicherungspflicht“ ein rotes Tuch. Oft wird es mit einer schwierigen Rechtslage und unklaren Bestimmungen in Verbindung gebracht.

 

Wer sich aber ein wenig mit dem Thema beschäftigt, wird merken, dass manches gar nicht so kompliziert ist und auch ohne juristischen Werdegang gut beurteilt werden kann. Deshalb möchten wir hier ein paar Einblicke in das Thema geben.

 

Eines müssen wir aber vorneweg nehmen: Die schwierige Rechtslage bleibt, denn die Verkehrssicherungspflicht ist gesetzlich nicht geregelt. Sie wird aus der Schadensersatzpflicht (§ 823 BGB) abgeleitet.[1] In der Praxis muss jeder Fall einzeln beurteilt und abgewogen werden.

Prinzipiell gilt im Wald das „Betreten auf eigene Gefahr“ (§14 BWaldG). Zudem ist die Haftung grundsätzlich auf sog. „atypische Gefahren“ beschränkt (§37 LWaldG). Waldbesitzer sind also haftungsprivilegiert: Besucher*innen des Waldes müssen mit waldtypischen Gefahren rechnen, eine Haftung ist ausgeschlossen. Zu diesen waldtypischen Gefahren gehören z.B. umfallende Bäume oder abbrechende Äste, Dornen oder Bodenunebenheiten. Eine Haftung des Waldbesitzenden besteht nur gegenüber atypischen Gefahren. Dazu gehören z.B. Wegeschranken, eingebrachte Anlagen, erstellte Hindernisse und Kunstbauten wie Geländer, Brücken oder Stege. Hier gilt eine Kontroll-, Warn- und Sicherheitspflicht. Das heißt, die Anlagen müssen entsprechend markiert und auch instandgehalten werden.

 

Je nach verschiedenen Bereichen im Wald variiert die Verkehrssicherungspflicht, da mit verschiedenen Gefahren zu rechnen ist.

 

Übersicht: Zu beurteilende Bereiche im Zusammenhang mit Verkehrssicherungspflichten im Wald:

 

 

 

 

 

 

 

 

Quelle: Aid infodienst Ernährung, Landwirtschaft, Verbraucherschutz e.V. i.L. (2016): Verkehrssicherungspflicht für Waldbesitzer

 

In Waldbeständen (im Wald abseits von Wegen) sind nur waldtypische Gefahren zu erwarten. Es gibt grundsätzlich keine Verkehrssicherungspflicht für Waldbesitzende. Regelmäßige Baumkontrollen müssen nicht durchgeführt werden. Ausnahme sind atypische Gefahren (s.o.).

 

Auf Waldwegen (auch beschilderte oder zertifizierte Wanderwege) sind nur waldtypische Gefahren zu erwarten.

 

Es gibt grundsätzlich keine Verkehrssicherungspflicht für Waldbesitzende. Regelmäßige Baumkontrollen müssen nicht durchgeführt werden. Ausnahme sind atypische Gefahren (s.o.) und akute und bekannte Gefahrenlagen (sogenannte Megagefahren). Dies sind akute Gefahren, die dem*r Waldeigentümer*in bekannt sind und die für jede*n als solche erkennbar sind. Bisher gibt es keine Rechtsprechung zu diesen Megagefahren, wir empfehlen allerdings, diese zu beseitigen.

Bei Erholungseinrichtungen (z.B. Bänke, Kinderspielplätze) ist eine Verkehrssicherungspflicht und Haftung gegeben.

 

Diese betrifft zum einen die Baumgefahren im Umkreis, zum anderen die Einrichtung selbst. Es müssen also regelmäßige Baumkontrollen sowie technische Prüfungen der Einrichtungen erfolgen. Zudem müssen diese Kontrollen dokumentiert werden. Eine Vorgabe, wie häufig und in welchem Umfang die Prüfung durchgeführt werden muss, gibt es nicht. Wir empfehlen, alle 18 Monate bzw. nach Sturmereignissen die Bäume zu kontrollieren.

Das Thema Verkehrssicherungspflicht im Wald reicht noch um einiges weiter. Zu vielen Sonderfällen, z.B. der Herangehensweise entlang öffentlicher Verkehrswege, am Siedlungsrand und in Schutzgebieten gibt es jeweils eigene Empfehlungen und z.T. Rechtsprechungen.

 

Wichtig ist es vor allem, die Verkehrssicherungspflicht bereits bei den Planungen mitzudenken. Wir stehen unseren Kunden mit unseren Erfahrungen gerne zur Seite. Bei Fragen oder Unklarheiten empfehlen wir aber immer eine Rechtsberatung.

 

[1] Landesbetrieb ForstBW (2015): Leitfaden zur Verkehrssicherungspflicht

 

 

Dieser Beitrag dient zur Information und ersetzt keinesfalls eine individuelle Rechtsberatung und stellt keine Rechtsauskunft dar. Wir übernehmen daher keinerlei Haftung für die angebotenen Informationen und Beiträge, wie insbesondere für deren Richtigkeit, Aktualität und Fehlerfreiheit.


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